Und? Als was gehst du?
Vor Halloween gab Nick Wilcke ein verhängnisvolles Versprechen. Deshalb ging er als „erschossenes Reh“ zur Party. Daraus gelernt hat er zwei Dinge: keine betrunkenen Versprechen mehr zu geben und dass man sich weniger ernst nehmen sollte.

Foto von Daisy Anderson von Pexels – CC0
Das politische und gesellschaftliche Klima in unserem Land hat – wenn man diese Analogie anwenden darf – das 1,5 Grad Ziel wahrscheinlich bereits gerissen.
Es gibt da diese eine wundervolle und gleichzeitig furchteinflößende Szene in der Bundespressekonferenz, wo Maja Göpel, eine deutsche Transformationsforscherin, vor dieser beruhigenden himmelblauen Wand sitzt und den Journalisten im Raum (und wahrscheinlich auch indirekt allen Politikern in Berlin) erklärt, dass wenn das Klima kippt, das gewisse Dinge einfach nicht mehr umkehrbar sind.
Nun geht es an dieser Stelle nicht um Meeresspiegel, Polarkappen und Verteilungskämpfe, sondern es geht um das gesellschaftspolitische Klima. Und das ist zum Glück noch nicht gekippt.
Das größte Problem an deutschen Talk-Shows ist, neben der oft fragwürdigen Auswahl der Gästekonstellationen, das Auftreten der Politiker und der Journalisten.
Wer ohne Ton schaut, könnte nämlich fast dem Wahnsinn verfallen, dass es in diesen Shows halbwegs seriös zugeht. Glatte Krawatten, glänzende Lederschuhe und Frisuren, wie aus einer Modezeitschrift (gewisse „Philosophen“ mal außenvor).
Jetzt mag das sogar stimmen: dass es da manchmal seriös zugeht. Aber zum Großteil bewegt sich dann doch das Diskussionsniveau auf dem, was ich in der Grundschule erlebt habe: Selber, selber, immer einmal mehr als du.
Dazu passt nun aber doch das Auftreten nicht.
Ich bin daher für eine Reform im deutschen Fernsehen: Jeder Politiker, jeder Journalist und ja, sogar Markus Lanz, muss sich in Zukunft verkleiden, wenn er das Studio betritt. Wer seine 95 Thesen an die Fernsehbildschirme der deutschen Zuschauer nageln will, sollte dabei zumindest äußerlich genauso so zweifelhaft aussehen, wie seine Thesen inhaltlich strukturiert sind.
Jetzt will ich natürlich auch nicht, dass Markus Söder seine famosen Kostüme im Studio trägt. Wir können ja erst einmal klein anfangen: glitzernde Partyhüte, Fake-Nasen mit Brillen, oder Froschohren.
Es muss ja nicht einmal sonderlich erschreckend sein: Das regelmäßige Einladen von Kandidaten der CDU/CSU, dem Springer-Verlag oder ehemaliger Professoren der Leuphana-Universität sorgt da doch schon meisten genug für.
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