Wer prüft die Prüfer? – Unprüfbar
In Klausurenphasen herrscht viel Chaos, nicht nur in den Köpfen der Studierenden. Dass auf das sowieso schon vorhandene Stresskonto noch zusätzlich mit handwerklichen Fehlern eingezahlt wurde, wäre nicht nötig gewesen.
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Eine Klausurenphase ist in der Regel geprägt von Stress. Karteikarten werden angefertigt, es wird sich durch das Energy-Drink-Sortiment im Supermarkt der Wahl probiert und die “Bib” zum zweiten Wohnsitz deklariert. Bei einer “normalen” Klausur gilt es, sich auf sein eigenes Wissen zu verlassen, die Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten und mit dem bestmöglichen Ergebnis abzuschneiden. Findet die Klausur allerdings im World Wide Web statt, so darf sich der geneigte Student noch zusätzlich auf eine Firma verlassen, die ihn nicht kennt, die er auch nicht kennt. Wird dann die Seite dieser Firma überlastet, so darf er die Funkwellen seines mobilen Endgeräts einmal quer durch die Republik jagen. Er wird dann zwar verbunden, aber ihm kann nicht geholfen werden. Der Verantwortung muss in solchen Momenten hinterhertelefoniert werden.
Natürlich stellt sich bei solch einer Gelegenheit immer in erster Linie die Frage der Schuld. Aber diese ist völlig irrelevant. Technische Fehler passieren, immer und überall, bei jeder Firma. Mit dem Finger zu zeigen und zu schimpfen ist im Affekt völlig nachvollziehbar, allerdings trifft es in neun von zehn Fällen den oder die Falsche. Schade ist es dann allerdings trotzdem, wenn am Ende die Studenten mit GIFs darauf hingewiesen werden, den Systemcheck zu machen – am besten gleich mehrmals. Ganz nach dem Credo: “Das Problem sitzt vorm Gerät.” Das mag in einzelnen Fällen auch definitiv der Fall sein. Die Frage ist dann bloß, wo die Problemkette beginnt. Klausuren könnten ohne Probleme vor Ort geschrieben werden, es sein denn sie sind “Open Book”. Warum man ein System, das seit Jahrzehnten funktioniert, ändern muss, ist gerade in solchen Momenten schwer nachvollziehbar. Die Räumlichkeiten sind da und spätestens nach dieser Klausurenphase werden viele Studenten dankbar die Chance annehmen, vor Ort schreiben zu können. Im Sinne der Digitalisierung ändert sich vieles – geschenkt. Aber den ein oder anderen Stein sollte man dann vielleicht doch auf seinem Platz lassen.
Zum Glück, und das meine ich wirklich nicht ironisch, können sich die Berliner Studenten glücklich schätzen, ein so kooperatives Prüfungsamt zur Seite stehen zu haben. Zu jeder Zeit waren sie hilfsbereit, haben Frust abgefangen, der nicht ihnen galt und haben – und das rechne ich ihnen hoch an – immer mit offenen Karten gespielt.