Zwei Ligen, zwei Vereine und eine Geschichte

Berlin kann mehr. Nicht nur, wenn es um Politik geht. Auch der Fußball hat mehr zu bieten, als nur Hertha und Union. Über eine Liga, die kaum einer kennt, die aber von Vielen geliebt wird. 

4. Mai 2023

Überfüllte Bahnhöfe, zusätzlich fahrende Züge und pilgernde Menschenmassen durch die Berliner Straßen. Jedes Wochenende sind solche Situationen entweder im Westen oder im Osten unserer Hauptstadt zu beobachten. Dann nämlich, wenn das Olympiastadion oder die Alte Försterei zu den Austragungsorten der Heimspiele von Hertha BSC oder dem FC Union Berlin werden. Kein Wunder also, dass so mancher mit dem Berliner Fußball automatisch diese beiden Clubs assoziiert. Beide Vereine spielen in der 1. Bundesliga und sind für viele ein fester Bestandteil der deutschen Fußballkultur. Durch zwei Erstligavereine ist der Fußball zu einem besonderen sportlichen Aushängeschild der Hauptstadt geworden. Doch Berlin bietet weit mehr als nur Bundesligasport.

Mit beispielsweise einer eigenen Liga, der sogenannten Berlin Liga, unterstützt die Metropole Kicker im Alter von 20-30 Jahren. Die Berlin Liga gilt als die beste im Berliner Fußball-Verband. Sie folgt in der deutschen Fußballhierarchie direkt auf die Oberliga NOFV Nord, weshalb sie häufig umgangssprachlich auch als 6. Liga bezeichnet wird. Insgesamt treffen hier an jedem Spieltag 18 Mannschaften aufeinander, die um den Titel „Berliner Fußballmeister“ kämpfen.


Der erste Verein mit deutsch-jüdischer Geschichte

Der aktuelle Berliner Fußballmeister ist der TuS Makkabi Berlin, der sich nach seinem Aufstieg 2021/22 nun in der Oberliga NOFV Nord beweist. Der TuS Makkabi Berlin ist ein deutsch-jüdischer Fußballverein mit historischer Vergangenheit. Seinen Ursprung findet der Club 1898 als Bar Kochba Berlin. Als erster Club mit jüdischem Hintergrund verfügte die Verantwortlichen damals über einen selbstgebauten Fußballplatz auf dem zu seiner Hochzeit in den 1930er Jahren mehr als 40.000 Mitglieder aus 24 Ländern das Sportgeschehen beobachteten. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde dem Club, wie auch allen anderen jüdischen Sportvereinen, ein Wettkampfverbot erteilt, sodass die jüdischen Fußballvereine nur noch untereinander spielen durften. Als 1938 auch dies untersagt wurde, endete die Geschichte des Bar Kochba Berlin. Um die Tradition des jüdischen Sports aufrecht zu erhalten, wurde im Jahr 1970 der TuS Makkabi Berlin gegründet. Ziel des Vereins ist es einen Ort der Zusammenkunft zu schaffen, wo Juden und Nicht-Juden gemeinsam Spaß am Sport haben und fernab von der Konfession die Möglichkeit bekommen miteinander zu interagieren. Die historische Vergangenheit des Vereins zeigt sich auch anhand der Namensgebung seiner Heimspielstätte: Die „Julius-Hirsch-Sportplätze in Eichkamp“ sind 2006 nach dem Nationalspieler Julius Hirsch benannt worden. Hirsch wurde 1943 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau kaltblütig ermordet. Heute wird durch die Namensgebung des Sportplatzes an ihn erinnert.


Früher Arbeiterclub – heute an der Spitze der Tabelle

Auch der aktuelle Tabellenführer Sparta Lichtenberg zeichnet sich nicht nur durch erstklassigen Regionalsport aus, sondern zeigt vor allem eine spannende Historie. Am 30. Juni 1911 gründeten 12 Freunde der Arbeiterklasse aus Rummelsburg einen Verein namens „SC Sparta 1911 Lichtenberg“. Wilhelm Wendt, der mit seinen 17 Jahren der älteste der Gruppe war, ließ den Verein damals amtlich gründen. Nur kurze Zeit später in den 1930er Jahren schaffte es der Verein bereits zu deutschlandweitem Erfolg. Doch von den Folgen des Nationalsozialismus blieben auch die Mitglieder dieses Clubs nicht verschont. 1933 wird der Arbeiterfußballverein zwangsaufgelöst und das aus dem vorherigen Erfolg resultierende Vermögen beschlagnahmt. Unter dem Decknamen „SC Empor Lichtenberg“ gründete sich der Verein neu und bot insbesondere Antifaschisten sportliche Zuflucht. Schon vor der Zwangsauflösung wirkten im Vereinsleben noch heute bekannte Antifaschisten mit, wie Käthe Tucholla, Erwin Nöldner und Werner Seelenbinder. Der antifaschistische Widerstand innerhalb des Vereins blieb auch während der Zeit des Nationalsozialismus bestehen. Nach dem Krieg erkämpft der Verein sich seine sportliche Stellung zurück und wird kurz nach der Wende zum SV Sparta Lichtenberg 1911 e.V. ins Vereinsregister der Stadt eingetragen.


Was die Zukunft bringt

Anhand dieser beiden sportlichen Beispiele dürfte klar werden, dass die Berliner Fußballkultur aufgrund der historischen Vergangenheit der Stadt mehr zu bieten hat als nur Flanke, Kopfball, Tor. Wobei man sagen muss, dass sich unsere Berliner Mannschaften darin gar nicht schlecht schlagen. Aktuell agiert der Aufsteiger der vergangenen Saison TuS Makkabi Berlin sehr gut in der Oberliga Nordost-Nord. Sie befinden sich auf dem dritten Tabellenplatz – 13 Punkte hinter dem aktuellen Erstplatzierten Rostock II. Auch wenn der zweite Aufstieg in Folge damit nicht geglückt ist, zeigen sie eine gute Spiel- und Trainingsform. Der SC Sparta Lichtenberg befindet sich aktuell sogar uneinholbar an der Spitze der Tabelle in der Berlin Liga. Nächste Saison werden sie somit der 7. Berliner Verein werden, der uns im Norden des Landes vertreten wird. 

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